Wie beeinflussen Arbeitszeiten das wirksame Arbeiten, Anne?

Dass klassische Arbeitszeitmodelle nicht mehr der Standard sein müssen, haben die letzten Jahre gezeigt. In unserer heutigen Coffee Break spricht unsere Kollegin Anne Mensing über neue Sichtweisen auf das Thema Arbeitszeit, warum diese für wirksames Arbeiten so wichtig sind und erklärt, wieso wir uns alle Fokuszeit nehmen sollten.

Anne, wie haben sich Arbeitszeiten in den letzten Jahren verändert?

Nicht erst durch Corona ist Bewegung in das Thema Arbeitszeiten gekommen. Auch vor dieser Zeit gab es schon Ansätze, Arbeitszeiten anders zu denken. Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit und Teil-/Vollzeit sind hierfür ein paar Beispiele. Doch gerade durch Corona wurde auch das Thema Arbeitszeit nochmal neu und stärker beleuchtet. Denn auf einmal konnten viele im Home Office arbeiten und hatten somit die Möglichkeit, auch zu anderen Zeiten, wie abends oder am Wochenende, nochmal ein paar Stunden zu arbeiten. Ob das arbeitsrechtlich richtig war bzw. ist und ob dies zu mehr oder weniger Arbeitszeit geführt hat, ist eine andere Sache. Interessant ist jedoch, dass Menschen zu bestimmten Zeiten besser oder eben schlechter arbeiten können. Die einen brauchen mal eine längere Pause, andere zwischendurch vielleicht eine kleine Sporteinheit. Dies ist natürlich sehr vom Menschen, der Tätigkeit und dem Arbeitsumfeld abhängig.

Fakt ist aber: Arbeitszeit orientiert sich immer mehr an der Tätigkeit, an dem Umfeld und somit an den Bedürfnissen der Menschen.

Ist die klassische Kernarbeitszeit denn überhaupt noch zeitgemäß?

Wird die klassische Kernarbeitszeit als “Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr” definiert, dann ist das vermutlich nicht mehr zeitgemäß. Viel interessanter ist dabei jedoch die Frage: Wie viele Stunden am Tag ist ein Mensch überhaupt leistungsfähig? Wirklich volle acht Stunden? Und wann ist man denn eigentlich am leistungsfähigsten? Hier wird schnell klar, dass die Leistung nicht bei allen Menschen nur zwischen 9 und 17 Uhr gut sein kann. Die klassische Kernarbeitszeit schränkt die Menschen jedoch nicht nur in ihrem Denken ein, sondern auch in ihren Interessen, die außerhalb der Arbeit liegen, wie ein Hobby oder das Familienleben.

Auf der anderen Seite muss man aber auch sagen: Wenn man eine gute Idee hat, ein Projekt beenden möchte oder eine einzuhaltende Deadline hat, lassen die wenigsten um Punkt 17 Uhr den Stift fallen und machen Feierabend, sondern beenden die Tätigkeit zu dem Zeitpunkt, wo es am sinnvollsten ist.

Interessant ist der Wandel dahin, dass die Leistung der Mitarbeitenden nicht mehr daran gemessen werden sollte, wie oft eine Person im Büro ist oder wann diese Person arbeitet. Denn das ist definitiv nicht mehr zeitgemäß.

Mit welchem Arbeitszeitmodell funktioniert wirksames Arbeiten am besten?

Es ist nicht mehr das klassische 9-to-5-Arbeiten, aber auch nicht unbedingt die 4-Tage-Woche oder Teilzeit. Was für einen Menschen wirksam ist und gut funktioniert, variiert von Person zu Person. Jede:r sollte dann arbeiten, wann er oder sie am wirksamsten sein kann – jedoch darf das “Daily Business” und die Zusammenarbeit nicht darunter leiden.

Aber wenn jeder arbeitet, wann er oder sie will – wie funktioniert dann noch das Arbeiten in einem Team?

Eine Sache ist klar: 9-to-5 lieferte ein klares Regelwerk. Und auch diejenigen, die zum Beispiel in Teilzeit arbeiten, kommunizieren recht klar, wann sie arbeiten und wann nicht. Durch diese klaren Regeln weiß jede:r, wann wer arbeitet (zumindest in den meisten Fällen) und der Feierabend ist klar abgesteckt und vom Beruflichen abgetrennt. Dies haben wir in der heutigen Arbeitswelt nicht mehr.

Deshalb ist es umso wichtiger, dass im Team gemeinsame Regeln definiert werden und der Fokus eher auf dem Thema Erreichbarkeit statt auf Kernarbeitszeit liegt.

Wie definierst du Erreichbarkeit?

Erreichbarkeit bedeutet zwar, dass dies der zeitlichen Rahmen ist, in dem man eine Person erreichen kann. Wann diese Personen die Aufgaben erledigt, muss jedoch nicht zur gleichen Zeit sein. Natürlich kann sich nicht jede:r merken, wann die Teamkolleg:innen erreichbar sind und wann wer arbeitet. Mein Tipp: Tragt es einfach in den Kalender ein oder arbeitet mit der Status-Funktion bei Slack oder MS Teams.

Wie handhabt St. Oberholz Consulting das Thema Arbeitszeiten?

Wir haben uns im Team darauf geeinigt, dass wir von 8 bis 18 Uhr für unser Team erreichbar sind. Klingt erstmal viel, aber keine Angst: Es verlangt niemand, dass man 10 Stunden am Laptop sitzt. Es bietet uns vielmehr hinsichtlich zweierlei Punkte Sicherheit: Zum einen entsteht dadurch nicht das Gefühl oder der Druck, dass man noch um 18:30 Uhr das Telefonat des Kollegen oder der Kollegin annehmen muss. Zum anderen wissen wir dadurch aber auch, dass es total in Ordnung ist, wenn uns jemanden schon um 8:15 Uhr kontaktiert. Und, um ganz ehrlich zu sein, dass jemand vor 9 Uhr anruft, ist bei uns eher untypisch.

Und auch der Feierabend sowie die Wochenenden sind uns heilig. Mit unserer Regelung haben wir aber für Montag bis Freitag einen klaren Rahmen gesetzt, um nicht vor jeder Meeting-Einladung fragen zu müssen, ob zum Beispiel auch ein Termin von 17:00 bis 17:30 Uhr noch in Ordnung ist.

Wie wichtig ist neben der Arbeitszeit das Thema Fokuszeit?

Unabhängig von der Arbeitszeit ist Fokuszeit enorm wichtig. Wir alle kennen die Tage voller Meetings. Wir springen von Termin zu Termin, essen vor dem Laptop und haben kaum Zeit, um die Meetings vor- und nachzubereiten. Vom freien Denken mal ganz abgesehen. Und genau deshalb ist Fokuszeit wichtig. Blocke dir bewusst zu Beginn der Woche (und vielleicht auch dauerhaft) einen ganzen Tag oder ein paar Stunden, um fokussiert an Themen arbeiten zu können. Lass dich nicht von Telefonaten, Mails oder Nachrichten ablenken. Am besten gehst du für diese Zeit “offline”.

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